YogalehrerIn - Beruf oder Berufung?


Wenn wir daran denken, YogalehrerIn zu werden, gibt es heutzutage viele verschiedene Wege und Angebote. Wonach gilt es auf dem „Marktplatz Yoga“ zu suchen? Die Angebote variieren von einem Wochenende, vier Wochen, Ausbildungen, die sich am minimalen europäischen Standard der Yoga-Berufsverbände von ca. 650 Unterrichtseinheiten ausrichten, bis hin zu den tiefergehenden Ausbildungsgängen einiger Yoga-Schulen, Yoga-Colleges und Yoga-Universitäten.

„1968, Paramahansa Satyananda unterrichtete uns persönlich in allen Disziplinen. Können und Weisheit wird durch direkten men­schlichen Kontakt weitergegeben, im Zusammenleben und der Wegleitung; das ist eine echte Tradition.“ (Swami Janakananda)

 Fest steht, dass wir nicht wirklich Yoga unterrichten können, wenn wir es nur aus Büchern gelernt haben. Wir können so eine erste Einführung bekommen, aber dann muss die tiefere Erforschung dieser universellen Lehre mit ihren vielen Facetten folgen. An diesem Punkt ist es angesagt, nach einem/r qualifizierten YogalehrerIn zu suchen, um fähig zu werden, zur Heilung unseres Körpers und Geistes beitragen zu können und unser Leben zu spiritualisieren.

Je mechanischer Yoga wird, je mehr zur Mode, desto öfter treffen wir Yoga als reinen Work-out an, reduziert auf eine Anzahl von zusammengewürfelten Übungen, ohne die Wirkungen zu verstehen, ohne zu verstehen, wie die verschiedenen Aspekte auf einander aufbauen und wie sie zusammen eine ganzheitliche Lehre bilden. Daher ist es wichtig zu erkennen, wonach du suchst und was du bereit bist zu geben, um das zu erreichen: lege deine Ziele fest und handle entsprechend, wenn deine Absicht klar ist. Yogaunterricht beschränkt sich zu oft auf „lasst uns zusammen ein bisschen üben und hinterher eine nette Tasse Tee trinken...“, das ist zwar nett, aber für diejenigen, die sich nach der tieferen Lehre sehnen, ist das nur der erste Schritt – und dann geht es weiter.

Wie Menschen sich selber sehen, basiert hauptsächlich auf dem Bild, das sie ihrer Meinung nach in der Gesellschaft darstellen, und sie versuchen mit aller Kraft, diesem Bild zu entsprechen. Dies jedoch fühlt sich im Inneren oft leer und sinnlos an. In unserer Gesellschaft ist es eine Gefahr und eine Tendenz, hauptsächlich ein äußeres Leben zu leben, Macht erreichen zu wollen und dabei völlig das innere Leben außer acht zu lassen – die Fähigkeit zu ignorieren, von innen nach außen zu leben.

Um aus den Lehren des Yoga zu schöpfen, um irgendwann ein/e YogalehrerIn zu sein – um sich wirklich auf höhere Ebenen des Verstehens und der Expertise zu bewegen – ist es nötig, sich einzulassen und gewissenhaft und ausdauernd dem Weg zu folgen. Wenn du das Glück hast, eine/n LehrerIn gefunden zu haben, mit dem du in Übereinstimmung bist, ist es einfacher, aber es braucht trotzdem Bemühung, wenn du lernst, mehr die innere Arbeit zu betonen.

„Transformation ist besser als Indoktrination. 1968, Swamiji bringt uns die Darmspülung bei.“ (Swami Janakananda)

Als Yogalehrende oder Menschen, die das werden wollen, haben wir eine sehr wichtige Wahl zu treffen, die Wahl zwischen Image oder Sein, basierend auf der Erkenntnis, dass, wenn wir nicht wirklich unser eigenes Leben leben, wir die Ideen anderer leben – dann leben wir in Illusionen. Soll unser Leben auf die Bewunderung anderer gegründet sein oder sollen wir unseren eigenen individuellen Weg finden und erforschen, wer wir wirklich sind und so unser Leben beleben? Die Wahl zu sein und danach zu handeln, kann als Selbstinitiation in den Weg des Yoga gesehen werden.

Wir können uns mit Lehrern identifizieren und uns an ihnen erfreuen; jedoch ist die Aufgabe, die wir im Yoga erhalten, voll zu leben und uns der Realität unseres eigenen Lebens ganz und gar zu stellen. Ein/e ernsthafte/r LehrerIn wird uns herausfordern, das liegt in der Natur der Sache, wie sonst kann der/die SchülerIn lernen, die oft begrenzten Möglichkeiten des Denkens und Reagierens zu überwinden? Der/die SchülerIn wird jedoch ein Gefühl haben, vom Lehrer/von der Lehrerin verstanden und unterstützt zu werden. Ist das nicht der Fall, könnte es an der Zeit sein, sich nach einem/r anderen LehrerIn umzusehen.

So wird es wieder klar, als Yoga-Übende, die YogalehrerInnen werden wollen, haben wir die Aufgabe herauszufinden, wo wir stehen, wo wir hingehen wollen ... und wie. Wenn ein ernsthaftes Interesse vorhanden ist, folgt natürlicherweise das entsprechende Sich-Einlassen und die Wahl einer Langzeit-Ausbildung mit fortwährendem Bemühen in einer täglichen individuellen Praxis. Eine vierjährige Ausbildung, um YogalehrerIn zu werden, kann hier als das notwendige Minimum gesehen werden – obwohl die Aufgabe eine lebenslange ist.
Authentische LehrerInnen können gefunden werden, aber es ist wichtig, genau hinzusehen. Nehmen Sie sich Zeit, ein Gefühl für den/die LehrerIn zu bekommen, zu dem/der Sie sich hingezogen fühlen, für seine/ihre Art zu arbeiten und wie Sie sich in seiner/ihrer Gegenwart fühlen. Die Umgebung hat einen großen Einfluss auf jeden einzelnen. Sie kann das Beste in uns hervorbringen oder auch negative Verhaltensweisen stärken, deshalb sollte auch der Grad des Einlassens der MitschülerInnen in der gewählten Gruppe bedacht werden. Es gibt viele eher oberflächliche Angebote, einige, in denen Yoga sich noch nicht zu einem inneren Yoga bewegt zu haben scheint, sondern im äußeren Glanz verhaftet bleibt. Das ist nicht vereinbar mit dem Geist des Yoga. Yoga hat so tiefgehende Lehren, die sich nur entfalten und verstanden werden können, wenn sie über lange Zeit fachgerecht und mit Aufmerksamkeit angewandt werden.